Veröffentlichungsdatum:10/06/16
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Der Anpfiff steht kurz bevor! Zum Aufwärmen hat das Kolloquium „Was die Europameisterschaft 2016 uns über Europa sagt“ den hypermediatisierten Wettstreit, durch den das Abbild und die Veränderungen unserer zeitgenössischer Gesellschaften durchschimmern, unter soziologischen Aspekten beleuchtet.
Ab heute Abend und für einen Monat vibriert Europa im Rhythmus der Tore, der Niederlagen und der Siege der Europameisterschaft 2016 in Frankreich. Zwei Millionen Zuschauer und acht Millionen Fernsehzuschauer werden erwartet. Dieses Ereignis kommt genau richtig für William Gasparini, Soziologe des Labors für Sport und Sozialwissenschaften (EA 1342). Der Forscher veranstaltete am 10. Juni den dritten und letzten Teil des Konferenzzyklus „Was uns die EM 2016 über Europa beibringt“ (Ce que l’Euro 2016 nous apprend de l’Europe), den er im Rahmen seines Lehrstuhls „Jean Monnet“ organisiert hat, dem ersten Lehrstuhl, der europäischen Sportstudien gewidmet ist. Durch dieses Forschungsprogramm, von der Europäischen Kommission im Rahmen von Erasmus+ vergeben, soll ein neuer wissenschaftlicher, internationaler und interdisziplinärer Ansatz geschaffen werden. „Das Ziel ist nicht, zu analysieren, was Europa mit dem Sport macht“, verdeutlich der Forscher, „sondern genau zu verstehen, wie Sport allgemeine Beziehungen für Europa und eine Europäisierung der Bürger schafft.
„Den anderen Europäer“ kennenlernen
Ab diesem Zeitpunkt wird die Ballsportkunst zum eigenständigen Objekt der Untersuchung. „Fußball ist ein Produkt, das in Europa nah an die Politik-, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte gebunden ist!“, bestätigt William Gasparini. Mehr als in jeder anderen europäischen Wettkampfdisziplin kann man im Fußball in der Zusammensetzung der Nationalmannschaft den sozialen Status eines Teilnehmerlandes erkennen. „Die deutsche Auswahl war zum Beispiel bis in die 2000er monokulturell. Mit der Veränderung der Codes für Nationalität sind unter den Jungs der Nationalelf jetzt auch Spieler türkischen, ghanaischen oder auch russischen Ursprungs“, stellt William Gasparini fest. Für jeden Zuschauer bietet die EM 2016 so die Möglichkeit, „den anderen Europäer“ kennenzulernen.
Magischer Ausflug „black-blanc-beur“
Fußball als Integrationsvektor bleibt allerdings ein fragliches Thema und jede Nationaldarbietung muss im richtigen Kontext betrachtet werden. Die EM 2016 dient als Lupe, die die Vielseitigkeit der sozialen Beziehungen und aktuellen Fragen Europas medial vergrößert hervorhebt. „Wenn man an den magischen Ausflug „black-blanc-beur“ („schwarz-weiß-arabisch“) der französischen Mannschaft in den Jahren von 1998 bis 2000 zurückdenkt, merkt man, dass damals die Wirtschaftskrise und die Arbeitslosigkeit noch weit entfernt von dem waren, was wir heute kennen, und der Gedanke nationaler Zusammengehörigkeit bis in die Reihen der Regierung reichte“, ruft William Gasparini in Erinnerung. Und obwohl die Werte des Fußballs generell anerkannt sind, stellt das mediale Interesse zahlreiche Nebenwirkungen bloß: Korruption, Skandale, rassistische Stereotypen und wachsender Kommunitarismus.
Nebenwirkungen, zu denen dieses Jahr, in Folge der Terrorattentate, die Europa und besonders das EM-Gastland Frankreich 2015 erschüttert haben, auch Sicherheitsfragen hinzukommen. Der Forscher betont: „Selbst wenn man nicht leidenschaftlich Fußball schaut, kann man den Diskussionen und Polemiken, die die Meisterschaft hervorruft, nicht entkommen. Die Identitätsfrage, die sich durch die Abwesenheit von Karim Benzema in der französischen Mannschaft stellt, ist ein Beispiel. Auf die eine oder andere Weise wird man dazu gebracht, sich dafür zu interessieren.“
Nebenwirkungen, zu denen dieses Jahr, in Folge der Terrorattentate, die Europa und besonders das EM-Gastland Frankreich 2015 erschüttert haben, auch Sicherheitsfragen hinzukommen. Der Forscher betont: „Selbst wenn man nicht leidenschaftlich Fußball schaut, kann man den Diskussionen und Polemiken, die die Meisterschaft hervorruft, nicht entkommen. Die Identitätsfrage, die sich durch die Abwesenheit von Karim Benzema in der französischen Mannschaft stellt, ist ein Beispiel. Auf die eine oder andere Weise wird man dazu gebracht, sich dafür zu interessieren.“