Im Unterricht über das Funktionieren der europäischen Union an der Strasbourg School of Management stellte Sabine Menu fest, dass es ihren Studenten an Kenntnissen zu diesem Thema fehlte. Dies liegt zum Teil an den geringen Informationen, die in den Medien über Europa verfügbar sind. Das Schreiben der Biographie von Paul Collowald, einem der letzten Pioniere des Aufbaus Europas, ist für sie eine Gelegenheit, das Thema im Vorfeld der bevorstehenden Europawahlen wieder ins Blickfeld zu rücken.
„Trotz der Vervielfachung der Kommunikationsmittel zur Erklärung dessen, was Europa heute unternimmt, bleiben die Menschen ziemlich ignorant und gleichgültig", sagt Sabine Menu, die darauf hinweist, dass das Problem auch auf der Ebene der Staaten und der europäischen Institutionen liegt. „Was dabei schlimmer ist, dass bei fehlendem Verständnis der Verdruss bezüglich Europa wächst. Es besteht die Notwendigkeit, Informationen und Bedeutung wieder aufleben zu lassen. Deshalb wollte ich jetzt schreiben.“
Gleiche Begeisterung
Die Politologin trifft Paul Collowald auf einer Konferenz zum 60. Jahrestag der Römischen Verträge im März 2017 in Brüssel. "Er ist ein 95-jähriger Herr von großer Eloquenz und perfektem Gedächtnis. Er erlebte die Annexion von Elsass und Mosel, den Krieg als Malgré-Nous, als Zwangsrekrutierter, aus dem sein europäisches Engagement hervorging. Ein tief verwurzeltes Engagement, ein vereintes Europa - das ist sein Lebensideal", erzählt Sabine Menu, die die gleiche Begeisterung und Sorge um die Europäische Union teilt. "Meine Mutter ist Deutsche und ich bin mit einem Italiener verheiratet, den ich während eines Erasmus-Aufenthaltes kennen gelernt habe. Hätte es Grenzen gegeben wie zu Paul Collowalds Zeiten, Quellen der Spannung, alles wäre anders gewesen... In unserer Begeisterung verbirgt sich auch unsere Geschichte.“
Nach dieser Begegnung schreibt sie ein Buch mit dem Titel „Paul Collowald, Pionier eines zu vereinenden Europas. Ein Leben über Grenzen hinweg." Im Verlaufe des Buches zieht Sabine Menu eine Bilanz der Ergebnisse der Informationen über Europa, basierend auf den 40 Interviews mit Paul Collowald und auch anhand der in diesem Bereich veröffentlichten Schriften. „Paul Collowald, ehemaliger Journalist und damaliger Sprecher der Europäischen Kommission, sieht die geringe Aufmerksamkeit, die Europa in den Medien genießt, kritisch. Auch heute noch überprüft er die Nachrichten genau, die er jeden Tag über verschiedene Kanäle erhält."
„Der große Verlierer ist der Bürger."
Seine Erfahrung hilft, die Ursache dieses Informationsmangels besser zu verstehen. „Die EU ist stets darauf bedacht, die Staaten nicht zu verletzen. Sie will nicht zu viel erklären, um die Nationen nicht in den Schatten zu stellen, aber der große Verlierer ist der Bürger", betont Sabine Menu und führt als ein Beispiel das Versäumnis bei der Jugendgarantie an. „Dies ist ein allgemeines Programm zur beruflichen Eingliederung in Frankreich im Jahr 2017. Im Mai 2018 widmete Le Figaro ihm eine ganze Seite und erwähnte am Ende des Artikels, dass es durch "europäische Fonds" verwirklicht wird, ohne zu erklären, dass die Regelung auf eine von den Mitgliedstaaten 2013 genehmigte Initiative der Kommission zurückgeht." Eine verpasste Gelegenheit zu sagen, was Europa leistet, meint die Forscherin.
Dieser Mangel an Informationen lässt auch Raum für Fehlinformationen. „Meine Sorge ist, dass bei den Europawahlen im Mai 2019 die Menschen keine fundierten Entscheidungen treffen. Mit Brexit und einigen gefälschten Nachrichten im Hinterkopf, die die Abstimmung umkehren analog der Aussage, dass es nach Ansicht der Brexiter durch das Verlassen Europas möglich wäre, 350 Millionen Pfund pro Woche für den National Health Service zu transferieren. Die Brexiter haben es am Tag nach dem Referendum dementiert! Ich denke, dass wir an der Universität auch Bürger ausbilden", sagt Sabine Menu abschließend.
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